Die Heilung eines Blindgeborenen

Jes 35,5; Jes 42,7; Mal 3,20; 2.Kor 4,6   

1Und als er vorbeiging, sah er einen Menschen, der blind war von Geburt an. 2Und seine Jünger fragten ihn und sprachen: Rabbi, wer hat gesündigt, so dass dieser blind geboren ist, er oder seine Eltern? 3Jesus antwortete: Weder dieser hat gesündigt noch seine Eltern; sondern an ihm sollten die Werke Gottes offenbar werden!
4Ich muss die Werke dessen wirken, der mich gesandt hat, solange es Tag ist; es kommt die Nacht, da niemand wirken kann. 5Solange ich in der Welt bin, bin ich das Licht der Welt. 6Als er dies gesagt hatte, spie er auf die Erde und machte einen Brei mit dem Speichel und strich den Brei auf die Augen des Blinden 7und sprach zu ihm: Geh hin, wasche dich im Teich Siloah (das heißt übersetzt: »Der Gesandte«)! Da ging er hin und wusch sich und kam sehend wieder.
8Die Nachbarn nun, und die ihn zuvor als Blinden gesehen hatten, sprachen: Ist das nicht der, welcher dasaß und bettelte? 9Etliche sagten: Er ist's! – andere aber: Er sieht ihm ähnlich! Er selbst sagte: Ich bin's! 10Da sprachen sie zu ihm: Wie sind deine Augen geöffnet worden? 11Er antwortete und sprach: Ein Mensch, der Jesus heißt, machte einen Brei und bestrich meine Augen und sprach zu mir: Geh hin zum Teich Siloah und wasche dich! Als ich aber hinging und mich wusch, wurde ich sehend. 12Da sprachen sie zu ihm: Wo ist er? Er antwortete: Ich weiß es nicht!

Verhör des Geheilten durch die Pharisäer

Mt 23,13; Joh 10,37-38   

13Da führten sie ihn, der einst blind gewesen war, zu den Pharisäern. 14Es war aber Sabbat, als Jesus den Teig machte und ihm die Augen öffnete. 15Nun fragten ihn auch die Pharisäer wieder, wie er sehend geworden war. Und er sprach zu ihnen: Einen Brei hat er auf meine Augen gelegt, und ich wusch mich und bin nun sehend! 16Da sprachen etliche von den Pharisäern: Dieser Mensch ist nicht von Gott, weil er den Sabbat nicht hält! Andere sprachen: Wie kann ein sündiger Mensch solche Zeichen tun? Und es entstand eine Spaltung unter ihnen. 17Sie sprachen wiederum zu dem Blinden: Was sagst du von ihm, weil er dir die Augen geöffnet hat? Er aber sprach: Er ist ein Prophet!
18Nun glaubten die Juden nicht von ihm, dass er blind gewesen und sehend geworden war, bis sie die Eltern des Sehendgewordenen gerufen hatten. 19Und sie fragten sie und sprachen: Ist das euer Sohn, von dem ihr sagt, dass er blind geboren ist? Wieso ist er denn jetzt sehend? 20Seine Eltern antworteten ihnen und sprachen: Wir wissen, dass dieser unser Sohn ist und dass er blind geboren ist; 21wieso er aber jetzt sieht, das wissen wir nicht; und wer ihm die Augen geöffnet hat, wissen wir auch nicht. Er ist alt genug; fragt ihn selbst. Er soll selbst für sich reden! 22Das sagten seine Eltern deshalb, weil sie die Juden fürchteten; denn die Juden waren schon übereingekommen, dass, wenn einer ihn als den Christus anerkennen würde, dieser aus der Synagoge ausgeschlossen werden sollte.[1] Das bedeutete den Ausschluss aus dem Judentum und aus seinem religiösen Leben, einschließlich des Tempelbesuchs und der Opfer, aber auch Verfolgung und Ächtung im Alltagsleben – eine sehr schwerwiegende Drohung.
23Darum sprachen seine Eltern: Er ist alt genug; fragt ihn selbst!
24Da riefen sie zum zweitenmal den Menschen, der blind gewesen war, und sprachen zu ihm: Gib Gott die Ehre! Wir wissen, dass dieser Mensch ein Sünder ist. 25Da antwortete jener und sprach: Ob er ein Sünder ist, weiß ich nicht. Eines weiß ich: dass ich blind war und jetzt sehend bin! 26Sie sprachen aber wiederum zu ihm: Was hat er mit dir gemacht? Wie hat er dir die Augen geöffnet? 27Er antwortete ihnen: Ich habe es euch schon gesagt, und ihr habt nicht darauf gehört; warum wollt ihr es noch einmal hören? Wollt auch ihr seine Jünger werden? 28Sie beschimpften ihn nun und sprachen: Du bist sein Jünger! Wir aber sind Moses Jünger. 29Wir wissen, dass Gott zu Mose geredet hat; von diesem aber wissen wir nicht, woher er ist.
30Da antwortete der Mensch und sprach zu ihnen: Das ist doch verwunderlich, dass ihr nicht wisst, woher er ist, und er hat doch meine Augen geöffnet. 31Wir wissen aber, dass Gott nicht auf Sünder hört; sondern wenn jemand gottesfürchtig ist und seinen Willen tut, den hört er. 32Von Ewigkeit her hat man nicht gehört, dass jemand einem Blindgeborenen die Augen geöffnet hat. 33Wenn dieser nicht von Gott wäre, so könnte er nichts tun! 34Sie antworteten und sprachen zu ihm: Du bist ganz in Sünden geboren und willst uns lehren? Und sie stießen ihn hinaus.[2] d.h. wohl, dass sie den Ausschluss aus der Synagoge (s. Vers 22) vollzogen.

Blinde sehen und Sehende werden blind

Lk 10,21; 2.Kor 4,3-6; Jes 6,9-10; Mt 15,14   

35Jesus hörte, dass sie ihn ausgestoßen hatten, und als er ihn fand, sprach er zu ihm: Glaubst du an den Sohn Gottes? 36Er antwortete und sprach: Wer ist es, Herr, damit ich an ihn glaube? 37Jesus aber sprach zu ihm: Du hast ihn gesehen, und der mit dir redet, der ist es! 38Er aber sprach: Ich glaube, Herr! und fiel anbetend vor ihm nieder.
39Und Jesus sprach: Ich bin zum Gericht in diese Welt gekommen, damit die, welche nicht sehen, sehend werden und die, welche sehen, blind werden.
40Und dies hörten etliche der Pharisäer, die bei ihm waren, und sprachen zu ihm: Sind denn auch wir blind? 41Jesus sprach zu ihnen: Wenn ihr blind wärt, so hättet ihr keine Sünde; nun sagt ihr aber: Wir sind sehend! – deshalb bleibt eure Sünde.