Die Bergpredigt

Kapitel 5 - 7

1Als er aber die Volksmenge[1] griech. ochlos; dieses Wort wird normalerweise mit »Volksmenge« übersetzt und bezeichnet auch eine Masse, eine zusammengelaufene Ansammlung von Leuten.
sah, stieg er auf den Berg; und als er sich setzte, traten seine Jünger zu ihm.
2Und er tat seinen Mund auf [zu einer Rede], lehrte sie und sprach:

Die Seligpreisungen

Lk 6,20-26   

3Glückselig sind die geistlich Armen[2] wörtlich die im Geist Armen.
, denn ihrer ist das Reich der Himmel!
4Glückselig sind die Trauernden, denn sie sollen getröstet werden!
5Glückselig sind die Sanftmütigen, denn sie werden das Land erben!
6Glückselig sind, die nach der Gerechtigkeit hungern und dürsten, denn sie sollen satt werden!
7Glückselig sind die Barmherzigen, denn sie werden Barmherzigkeit erlangen!
8Glückselig sind, die reinen Herzens sind, denn sie werden Gott schauen!
9Glückselig sind die Friedfertigen, denn sie werden Söhne Gottes heißen!
10Glückselig sind, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden, denn ihrer ist das Reich der Himmel!
11Glückselig seid ihr, wenn sie euch schmähen und verfolgen und lügnerisch jegliches böse Wort gegen euch reden um meinetwillen! 12Freut euch und jubelt, denn euer Lohn ist groß im Himmel; denn ebenso haben sie die Propheten verfolgt, die vor euch gewesen sind.

Die Jünger - Salz und Licht

13Ihr seid das Salz der Erde. Wenn aber das Salz fade wird, womit soll es wieder salzig gemacht werden? Es taugt zu nichts mehr, als dass es hinausgeworfen und von den Leuten zertreten wird.
14Ihr seid das Licht der Welt. Es kann eine Stadt, die auf einem Berg liegt, nicht verborgen bleiben. 15Man zündet auch nicht ein Licht an und setzt es unter den Scheffel[3] ein Tongefäß zum Abmessen von Getreide.
, sondern auf den Leuchter; so leuchtet es allen, die im Haus sind.
16So soll euer Licht leuchten vor den Leuten, dass sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen.

Die Erfüllung des Gesetzes

17Ihr sollt nicht meinen, dass ich gekommen sei, um das Gesetz oder die Propheten aufzulösen.[4] Im Judentum wurde unter »Gesetz« (hebr. torah; griech. nomos) meist die fünf Bücher Mose verstanden, die »Propheten« sind hier eine Sammelbezeichnung für die übrigen Schriften.
Ich bin nicht gekommen, um aufzulösen, sondern um zu erfüllen!
18Denn wahrlich[5] wörtlich Amen; hebr. Ausdruck der Bekräftigung: »Wahrhaftig«, »Das ist gewiss«.
, ich sage euch: Bis Himmel und Erde vergangen sind, wird nicht ein Buchstabe[6] wörtlich Jota, hebr. Jod, der kleinste Buchstabe des hebr. Alphabetes. Mit dem »Strichlein« ist ein kleiner Strich gemeint, der zwei ähnliche Buchstaben des hebr. Alphabets unterscheidet.
noch ein einziges Strichlein vom Gesetz vergehen, bis alles geschehen ist.
19Wer nun eines von diesen kleinsten Geboten auflöst und die Leute so lehrt, der wird der Kleinste genannt werden im Reich der Himmel; wer sie aber tut und lehrt, der wird groß genannt werden im Reich der Himmel. 20Denn ich sage euch: Wenn eure Gerechtigkeit die der Schriftgelehrten und Pharisäer nicht weit übertrifft, so werdet ihr gar nicht in das Reich der Himmel eingehen!

Ermahnung zu Versöhnlichkeit

Lk 12,58-59; 1.Joh 3,15   

21Ihr habt gehört, dass zu den Alten gesagt ist: »Du sollst nicht töten!«[7] 2.Mo 20,13. Hier ist insbesondere das Morden oder gesetzlose Töten gemeint.
, wer aber tötet, der wird dem Gericht verfallen sein.
22Ich aber sage euch: Jeder, der seinem Bruder ohne Ursache zürnt, wird dem Gericht verfallen sein. Wer aber zu seinem Bruder sagt: Raka!,[8] d.h. »Nichtsnutz« oder »Hohlkopf« (aramäischer Ausdruck der Verachtung).
der wird dem Hohen Rat[9] Der Hohe Rat oder »Sanhedrin« war das höchste Selbstverwaltungs- und Gerichtsorgan der Juden unter der römischen Oberherrschaft.
verfallen sein. Wer aber sagt: Du Narr![10] Ein starker Ausdruck der Verachtung für einen hoffnungslos gottlosen, bösartigen Menschen.
, der wird dem höllischen Feuer verfallen sein.
23Wenn du nun deine Gabe zum Altar bringst und dich dort erinnerst, dass dein Bruder etwas gegen dich hat, 24so lass deine Gabe dort vor dem Altar und geh zuvor hin und versöhne dich mit deinem Bruder, und dann komm und opfere deine Gabe!
25Sei deinem Widersacher bald geneigt, während du noch mit ihm auf dem Weg bist, damit der Widersacher dich nicht etwa dem Richter ausliefert und der Richter dich dem Gerichtsdiener übergibt und du ins Gefängnis geworfen wirst. 26Wahrlich, ich sage dir: Du wirst von dort nicht herauskommen, bis du den letzten Groschen bezahlt hast!

Ehebruch und Ehescheidung

Mt 19,3-9; Mk 10,2-12; 1.Kor 7,10-16.39; Röm 7,2-3   

27Ihr habt gehört, dass zu den Alten gesagt ist: »Du sollst nicht ehebrechen!«[11] 2.Mo 20,14.
28Ich aber sage euch: Wer eine Frau ansieht, um sie zu begehren, der hat in seinem Herzen schon Ehebruch mit ihr begangen. 29Wenn dir aber dein rechtes Auge ein Anstoß [zur Sünde] wird, so reiß es aus und wirf es von dir! Denn es ist besser für dich, dass eines deiner Glieder verlorengeht, als dass dein ganzer Leib in die Hölle geworfen wird. 30Und wenn deine rechte Hand für dich ein Anstoß [zur Sünde] wird, so haue sie ab und wirf sie von dir! Denn es ist besser für dich, dass eines deiner Glieder verlorengeht, als dass dein ganzer Leib in die Hölle[12] griech. / hebr. gehenna; Bezeichnung für den Ort der ewigen Strafe und Qual, den Gott für die sündigen Engel und Menschen bereitet hat.
geworfen wird.
31Es ist auch gesagt: »Wer sich von seiner Frau scheidet, der gebe ihr einen Scheidebrief«.[13] vgl. 5.Mo 24,1.
32Ich aber sage euch: Wer sich von seiner Frau scheidet, ausgenommen wegen Unzucht, der macht, dass sie die Ehe bricht. Und wer eine Geschiedene heiratet, der bricht die Ehe.

Vom Schwören und vom Vergelten

Jak 5,12; Röm 12,17-19; Lk 6,27-36   

33Wiederum habt ihr gehört, dass zu den Alten gesagt ist: »Du sollst nicht falsch schwören; du sollst aber dem Herrn deine Schwüre halten«.[14] vgl. 3.Mo 19,12; 5.Mo 23,23.
34Ich aber sage euch, dass ihr überhaupt nicht schwören sollt, weder bei dem Himmel, denn er ist Gottes Thron, 35noch bei der Erde, denn sie ist der Schemel seiner Füße, noch bei Jerusalem, denn sie ist die Stadt des großen Königs. 36Auch bei deinem Haupt sollst du nicht schwören, denn du kannst kein einziges Haar weiß oder schwarz machen. 37Es sei aber eure Rede: Ja, ja! Nein, nein! Was darüber ist, das ist vom Bösen.
38Ihr habt gehört, dass gesagt ist: »Auge um Auge und Zahn um Zahn!«[15] 2.Mo 21,24.
39Ich aber sage euch: Ihr sollt dem Bösen nicht widerstehen; sondern wenn dich jemand auf deine rechte Backe schlägt, so biete ihm auch die andere dar; 40und dem, der mit dir vor Gericht gehen und dein Hemd nehmen will, dem lass auch den Mantel; 41und wenn dich jemand nötigt, eine Meile weit zu gehen, so geh mit ihm zwei. 42Gib dem, der dich bittet, und wende dich nicht ab von dem, der von dir borgen will!

Liebe zu den Feinden

43Ihr habt gehört, dass gesagt ist: Du sollst deinen Nächsten lieben und deinen Feind hassen. 44Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde, segnet, die euch fluchen, tut wohl denen, die euch hassen, und bittet für die, welche euch beleidigen und verfolgen, 45damit ihr Söhne eures Vaters im Himmel seid. Denn er lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und lässt es regnen über Gerechte und Ungerechte. 46Denn wenn ihr die liebt, die euch lieben, was habt ihr für einen Lohn? Tun nicht auch die Zöllner[16] Die jüdischen »Zöllner« (d.h. Steuereinnehmer) trieben die drückenden Steuern und Abgaben der römischen Besatzungsmacht ein und bereicherten sich dabei selbst. Sie galten als besonders verachtenswerte Sünder.
dasselbe?
47Und wenn ihr nur eure Brüder grüßt, was tut ihr Besonderes? Machen es nicht auch die Zöllner ebenso? 48Darum sollt ihr vollkommen sein, gleichwie euer Vater im Himmel vollkommen ist!